Am 1. Oktober 1879 traten die sog. Reichsjustizgesetze in Kraft, deren Kernstück das Gerichtsverfassungsgesetz vom 27.1.1877 war, das die Justizorganisation erstmals reichseinheitlich regelte.


Die Bezirke der vorherigen Appellationsgerichte Hamm, Münster, Paderborn und Arnsberg wurden zu dem neuen Oberlandesgericht Hamm verschmolzen.
Der Bezirk wurde in die Landgerichtsbezirke Bielefeld, Paderborn, Münster, Dortmund, Essen, Duisburg, Arnsberg und Hagen aufgeteilt. 1892 kam das neugegründete Landgericht Bochum dazu.


Im Landgerichtsbezirk Bielefeld wurden die Amtsgerichte Bielefeld, Bünde, Gütersloh, Halle, Herford, Lübbecke, Minden, Bad Oeynhausen, Petershagen, Rahden, Rheda, Rietberg, Vlotho und Wiedenbrückeingerichtet. Als "Geburtsurkunde" unseres heutigen Amtsgerichts kann die mehrfach ergänzte königlich preußische Verordnung betreffend die Errichtung von Amtsgerichten vom 26. Juli 1878 aufgrund des § 21 des Ausführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz gelten. Mit Ausnahme der aufgelösten Amtsgerichte Petershagen, Rheda, Rietberg und Vlotho besteht diese Aufteilung des Landgerichtsbezirks seit über 120 Jahren.

 

Amtsgericht Rheda

Zum 1.10. 1879 nahm das mit dem Amtsgerichtsrat Heising (1879 – 1890) und vier weiteren Mitarbeitern besetzte Amtsgericht seine Tätigkeit auf.
Heising folgten als Richter die Amtsgerichtsräte St. Pierre (1890 – 1898), Dr. Dassau (1898 – 1905), Dr. Ernst (1905 – 1914) und von Klencke (ab 1914).


Die Räumlichkeiten des Gerichts befanden sich seit altersher in Gebäuden des Fürsten von Bentheim-Tecklenburg-Rheda. Durch Vertrag vom 29.10.1850 waren die Diensträume mit je einer Dienstwohnung für den Amtsrichter und den Gerichtsdiener für 150 Taler angemietet worden. Durch Verträge aus den Jahren 1893 und 1902 wurde die Miete jeweils angehoben. Im Jahre 1914 wurde zwischen dem Fürsten Adolf zu Bentheim-Tecklenburg-Rheda und der Justizverwaltung ein neuer Vertrag über das Gebäude (frühere) Lange Str. 19 zu einem Mietpreis von 1800 Mark geschlossen.


Die Bevölkerung des Amtsgerichtsbezirks Rheda stieg von 8.730 (1880) auf 10.789 im Jahre 1910.
Der Amtsrichter hatte im Jahre 1895 u.a. 117 Zivilsachen und 50 Strafsachen zu erledigen.


Das Ende des Amtsgerichts Rheda kam gegen Ende der Weimarer Republik mit den rigorosen Sparmaßnahmen der Reichsregierung Brüning. Aufgrund der "Zweiten Sparverordnung" des Landes Preußen vom 23.12.1931 wurde die Aufhebung von mindestens 60 kleinen Amtsgerichten verfügt. Aufgrund der ausführenden "Verordnung über die Aufhebung von Amtsgerichten" vom 30.7.1932 erfolgte im hiesigen Bezirk die Auflösung der Amtsgerichte Rheda und Rietberg zum 30.9.1932.


Das Amtsgericht Rheda wurde aufgelöst und sein Bezirk dem Amtsgericht Wiedenbrück zugeschlagen.

ehemaliges Amtsgericht Rheda

Amtsgericht Rietberg

An die Stelle der Deputation des Kreisgerichts Bielefeld trat am 1.10.1879 das mit einem Richter und fünf Mitarbeitern besetzte Amtsgericht. Erster Amtsrichter war von Unruh (1879 -1886), ihm folgten Mumpro (1886 – 1893), Uffeln (1893 – 1896) und Nolte (ab 1896)


Das bereits erwähnte sog. "Alte Gericht" wurde von 1805 –1807 als gräfliches Verwaltungsgebäude errichtet. Von 1818 – 1932 waren dort die wechselnden Rietberger Gerichte untergebracht. Das untere Stockwerk diente als Gefängnis mit fünf Gefangenenzellen (davon zwei heizbar), im oberen befanden sich die Gerichtsräume (Sitzungssaal, Instruktionsstube, Kassenzimmer, eine Registraturstube, eine Hypothekenstube). Das Haus stand im Eigentum des Fürsten von Kaunitz-Rietberg, so dass eine Miete von jährlich 300 Talern an die Fürstliche Kanzlei zu zahlen war. Im Laufe der Jahre wurde der Mietvertrag mehrfach erneuert, seit dem 1.1.1883 betrug der Mietzins 900 Mark.


Die Bevölkerungszahl des Gerichtsbezirks stieg von 10.042 im Jahre 1880 auf 12.614 im Jahre 1910.
Der Amtsrichter hatte nach den erhalten gebliebenen Geschäftsübersichten im Jahre 1880 jährlich u.a. 165 Zivilsachen und 47 Strafsachen zu erledigen.
Wie bereits erwähnt wurde das Amtsgericht Rietberg aufgrund der Sparbeschlüsse der Regierung Brüning zum 30.9.1932 aufgelöst. Die Gemeinden Oesterwiehe und Varensell wurden dem Amtsgericht Gütersloh zugeschlagen, der übrige Bezirk kam zum Amtsgericht Wiedenbrück.

ehemaliges Amtsgericht Rietberg

Amtsgericht Wiedenbrück

Das Amtsgericht Wiedenbrück begann den Dienstbetrieb am 1.10.1879 mit dem Amtsrichter Mantell (1879 – 1881) und fünf Mitarbeitern (ein Sekretär, ein Assistent, eine Kanzleikraft, ein Gerichtsbote und ein Gerichtsvollzieher).

Dem Amtsrichter Mantell folgten die Richter Pellengahr (1881 – 1884), Latour (1884 – 1895), Kindermann (1895 – 1900), Tonius Kersting (von 1901 - 1.5.1928) und Karl Schulte (ab 1928).
Die Arbeitsbelastung des Amtsrichters betrug 1880 neben 368 Vormundschaftssachen und 439 Grundbucheintragungen 40 Strafsachen und 205 Zivilsachen.

Als Gerichtsgebäude wurde zunächst weiterhin die angemietete obere Etage des damaligen Wiedenbrücker Rathauses (Marktplatz) genutzt.


Am 16.5.1888 schloss der Justizfiskus mit der Stadt Wiedenbrück einen Vertrag über die Errichtung des heutigen Amtsgerichtsgebäudes an der Ostenstraße 3. Die Justizverwaltung hatte die Errichtung eines Neubaus verlangt und bereits Überlegungen angestellt, das Gericht von Wiedenbrück nach Gütersloh zu verlegen.


Das Amtsgericht wurde auf einem Teil des Geländes des früheren Dellwigschen Burgmannshofes errichtet. (Mit diesem Hof war einer der sog. Burgmannen belehnt worden, der sich nach dem Bau der Burg Reckenberg um 1250 dem Bischof von Osnabrück für die Verteidigung der Burg zur Verfügung gestellt hatte. Als erster Lehnsherr ist 1395 Eberhard von Varensell nachgewiesen. Seit 1765 war das Lehen im Besitz der Herren von Dellwig).


Bereits 1886 war aus der Besitzung Haus Nr. 244 ein Teil herausgetrennt und von der Stadt Wiedenbrück zum Bau des Amtsgerichts erworben worden.
Am 1.11.1889 wurde das neue Gebäude bezogen, der Mietzins betrug 3 ½ % des Baukapitals von 53.428 Mark.

Ansicht des alten Amtsgericht Wiedenbrück

Mittelalter
Westfälisch-Französiche Zeit (1806 - 1815)
Neuere Preußische Zeit (1815 - 1848)
Neuorganisation nach 1848
Zeit ab 1879
Die Zeit des Nationalsozialismus
Nach dem zweiten Weltkrieg