Obwohl die Anfänge der Gerichtsbarkeit in unserer Region bis in die frühe Germanenzeit zurückreichen, soll dieser Aspekt - nicht zuletzt wegen der unsicheren und unzureichenden Quellenlage - ausgeblendet werden. Entsprechendes gilt auch für die frühchristliche Zeit, über die wir nur wissen, dass die großen Gerichtsbezirke der Frühzeit (parallel zu den großen Kirchspielen) verfielen. Durch die damit einhergehende Zersplitterung ursprünglich staatlicher Hoheitsrechte gewannen die Grundherrschaften und der Feudalismus Raum für eine Vielfalt von Gerichtsbarkeiten.

Jedes der drei genannten Territorien hatte – unter wechselnden Bezeichnungen - eigene Gerichte. Es gab teilweise nebeneinander die Gogerichte, geistliche Gerichte, Freigerichte (Femegerichte), Stadtgerichte, landesherrliche Gerichte und grundherrliche Gerichte (Patrimonialgerichte), sowie von geringerer Bedeutung Mark- und Holzgerichte.

Beispielhaft sollen hier nur die Gogerichte erwähnt werden, welche ursprünglich Volksgerichte waren. "Go" ist mit dem germanischen Wort "Gau" verwandt. Zu den Gerichtstagen hatten in älterer Zeit sämtliche im Bezirk wohnenden Männer zu erscheinen. Der Gorichter (Gograf, tribunus plebis) leitete in bestimmten Formen die Verhandlung und stellte Fragen. Das Urteil sprachen die Anwesenden.

Mit wachsender Bevölkerungszahl wurden zum Gogericht nur verheiratete Männer mit einem "rechtschaffenen Ruf" zugelassen, später traten an deren Stelle einzelne gewählte Männer, welche als Schöffen (scabini) das Urteil sprachen. Im heutigen Gerichtsbezirk bestanden Gogerichte zunächst in der Grafschaft Rietberg und in Wiedenbrück.

Das Gogericht für Wiedenbrück wurde 1225 vom Bischof von Osnabrück erworben. Nach langen Streitigkeiten zwischen dem Bischof und dem Grafen von Bentheim-Rheda wurde 1565 das Wiedenbrücker Gogericht geteilt und Rheda erhielt ein eigenes gräfliches Gericht. Unter dem Wiedenbrücker "Fürstlich Osnabrückischem Gogericht" stand ein Gericht des Klosters Herzebrock, welches sich über diese Bauerschaft erstreckte, soweit man "am Tage St. Christiani und Johannis die Heiligen umtrug".

Der Name eines Gorichters (Gografen) ist heute noch im Stadtbild von Wiedenbrück zu finden und zwar in der Hausinschrift des Hauses Lange Straße 52 (neben dem Heimatmuseum): "Henrich Embsman, Gograve 1604". Heinrich Emsmann soll dieses Haus zu seiner Pensionierung im Alter von ca. 75 Jahren gebaut haben, nachdem er über 40 Jahre als Gograf dem Bischof von Osnabrück gedient hatte. Einer seiner Nachfolger als Gograf in Wiedenbrück war Johannes Boltzen. Von diesem ist ein Schreiben vom 22.10.1614 erhalten, in dem er Hermann Wippermann, den Dekan der Collegiatskirche St. Caroli und Aegidii, um Rechtshilfe bei der Vernehmung eines Vikars bittet, da "das Gogericht gegen diesen keinen Gerichtszwang hat".


Mittelalter
Westfälisch-Französiche Zeit (1806 - 1815)
Neuere Preußische Zeit (1815 - 1848)
Neuorganisation nach 1848
Zeit ab 1879
Die Zeit des Nationalsozialismus
Nach dem zweiten Weltkrieg